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Bündnis 90/Die Grünen
Im Hersbrucker Stadtrat

Paul Kornmayer
Stadtrat

Tel./Fax.09151/ 7476
20.9.2005

Betrifft: Sicherung der Informationsfreiheit der Bürger


Sehr geehrter Herr Bürgermeister, gemäß § 26 der Geschäftsordnung für den Stadtrat beantragen wir den Beschluss folgender


Satzung der Stadt Hersbruck
zur Sicherung der Informationsfreiheit der Bürger

§ 1 Anspruch auf Information
(1) Jedes Gemeindemitglied hat Anspruch auf freien Zugang zu den bei der Stadtverwaltung vorhandenen Informationen über Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Gemeinde.
(2) Informationen sind alle in Schrift-, Bild-, Ton- oder in Datenverarbeitungsform oder auf sonstigen Infor-mationsträgern festgehaltene Inhalte, Mitteilungen und Aufzeichnungen.
§ 2 Antragstellung
(1) Der Zugang zu Informationen wird auf Antrag gewährt. Einer Darlegung rechtlichen Interesses oder ei-ner Begründung des Antrages bedarf es nicht.
(2) Der Antrag kann mündlich, schriftlich, zur Niederschrift oder in elektronischer Form bei der Gemeinde gestellt werden.
(3) Im Antrag sind die gewünschten Informationen zu benennen. Fehlen dem Antragsteller Angaben zu einer hinreichenden Bestimmung der gewünschten Information, so hat die Gemeinde den Antragsteller zu beraten und ihm Hilfe zu leisten.
§ 3 Entscheidung über den Antrag
(1) Die Stadtverwaltung macht die begehrten Informationen unverzüglich, spätestens aber innerhalb von drei Wochen zugänglich.
(2) Im Falle einer Ablehnung oder Beschränkung des Zugangs von Informationen erteilt die Gemeinde ei-nen Ablehnungsbescheid.
§ 4 Ausgestaltung des Informationszugangs
(1) Die Stadtverwaltung hat nach Wahl des Antragstellers Auskunft zu erteilen, Akteneinsicht zu gewähren oder Informationsträger zugänglich zu machen, die die begehrten Informationen enthalten.
(2) Die Stadtverwaltung stellt ausreichende zeitliche, sachliche und räumliche Möglichkeiten für den Infor-mationszugang zur Verfügung. Die Anfertigung von Notizen ist gestattet.
(3) Auf Antrag händigt die Stadtverwaltung Kopien der Informationsträger aus, die die begehrten Informati-onen enthalten, oder versendet sie an den Antragsteller.
(4) Wenn die begehrten Informationen bereits frei zugänglich im Internet veröffentlicht sind, kann die Stadt-verwaltung ihrer Verpflichtung zur Gewährung des Informationszugangs auch erfüllen, indem sie den Antragsteller auf die Internet-Veröffentlichungen unter Angabe der Fundstellen verweist.
(5) Für die Information wird der notwendige Sachaufwand, höchstens die niedrigste in der Gebührensat-zung der Stadt Hersbruck genannte Gebühr erhoben. Für Anträge an Bürgerversammlungen oder den Stadtrat sowie für Bürgerbegehren und -entscheide benötigte Informationen erfolgen gebührenfrei.
§ 5 Ausschluss und Beschränkung des Anspruchs
Der Anspruch besteht nicht, soweit die Herausgabe von Informationen dem Wohl des Bundes, des Landes oder der Stadt Nachteile bereiten würde. Der Anspruch besteht auch nicht, soweit ein Gesetz die Geheimhaltung gebietet oder die begehrten Informationen Geheimnisse Dritter, insbesondere zum persönlichen Lebensbereich gehörende Geheimnisse, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind.
§ 6 Trennungsprinzip
(1) Die Stadtverwaltung trifft geeignete organisatorische Vorkehrungen, damit Informationen, die unter die Schutzbestimmung des § 5 fallen, ohne unverhältnismäßigen Aufwand abgetrennt werden können.
(2) Wenn nur Teile des angeforderten Dokuments der Schutzbestimmung des § 5 unterliegen, werden die übrigen Teile des Dokuments dem Antragsteller zugänglich gemacht.
§ 7 Inkrafttreten
Die Satzung tritt einen Tag nach ihrer Bekanntmachung in Kraft.“

Begründung:

Informationsfreiheit gehört zur demokratischen Kontrolle und Mitgestaltung des Gemeinwesens durch alle Bür-ger. Darum haben über 60 Staaten Informationsfreiheitsgesetze. Außer Deutschland haben in Europa nur Lu-xemburg, Malta und Zypern noch kein solches Bundesgesetz. Ein am 3.6. 2005 vom Bundestag verabschiede-tes Informationsfreiheitsgesetz tritt am 1.1.2006 in Kraft. Es gilt aber nur für Bundesbehörden.
Seit Jahren gibt es Informationsfreiheitsgesetze in Berlin, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein - mit guten Erfahrungen. Für Bayern schlagen u.a. die Arbeitsgemeinschaft selbständiger Unternehmer (ASU), Bund Naturschutz, zwei Journalisten-Verbände, Mehr Demokratie e.V. und Transparency International Deutschland ein entsprechendes Gesetz und die Gemeindesatzung vor, auf die sich dieser Antrag stützt.
Gemeinderatssitzungen sind grundsätzlich öffentlich, ebenso die Protokolle. Doch besteht allgemein die Ten-denz, wichtige oder in der Gemeinde umstrittene Themen nicht öffentlich zu behandeln. Damit werden Be-schlüsse und deren Grundlagen der öffentlichen Kontrolle entzogen. Das bewirkt Vertrauensverlust der Bürger gegenüber ihren Vertretungen. Einer Studie der TU Dresden zufolge vertrauen nur noch 11% der Bundesbürger dem Bundestag, gar nur 4% den Parteien. Letztere agieren auch in den Gemeindevertretungen. Auch hier schürt Geheimhaltung Misstrauen. Offenlegung schafft Vertrauen. Dies benötigt Hersbruck besonders, um im vertrauensvollen Miteinander der ganzen Gemeinde die für einen erfolgreichen Fremdenverkehrsort mit Ther-malbad nötigen Bedingungen zu schaffen. Dazu kann eine Informationsfreiheitssatzung wesentlich beitragen.
Mit Informationsfreiheit können alle Bürger :
sich über öffentliche Angelegenheiten informieren (sie interessieren sich, wie die Erfahrungen zeigen, zum Bei-spiel für Genehmigungsverfahren, Bauleitplanung, Straßenbauprojekte, Vergabe öffentlicher Aufträge, Privati-sierungspläne, Verwendung öffentlicher Gelder, Kosten-, Preis- und Tarifstrukturen),
Bürgerinitiativen einen rechtlich gesicherten Zugang zu „Herrschaftwissen“ erhalten (auch aus ausgeglieder-ten Teilen der Gemeindeverwaltung - dazu begründete das Verwaltungsgericht Regensburg die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens wie folgt: „Das Bürgerbegehren ist zuzulassen ... Die Organe der kommunalen GmbHs geben rechtlich zwar eigenes, faktisch aber das Geld der Bürger aus. ... Geheimniskrämerei erzeugt Misstrau-en. Demokratie erfordert Transparenz der Entscheidungen.“ - Urteil 2.2.2005, Aktenzeichen RN 3 K 04.01408),
Journalisten gemäß der Auskunftspflicht von Behörden Informationen erhalten (wie z.B. von einer Lokalzeitung mit Hilfe des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs durchgesetzt - Süddeutsche Zeitung 26.8.2004),
Wirtschaftsunternehmen wertvolle Entscheidungsgrundlagen erhalten - für Standortausbau, Produktentwick-lung, Personalpolitik und andere Unternehmensentscheidungen.
Beispiele aus Bundesländern mit Akteneinsichtsrecht zeigen, wie Informationsfreiheit funktioniert. So informierte die Stadtverwaltung Eutin (Schleswig-Holstein) die Bürger im April 2005 u.a. über ihr Mitwirkungs- und Informa-tionsrecht ( „Lübecker Nachrichten“ 15.4.2005). In einer Stadt in Brandenburg konnte ein Bürger durch Akten-einsicht prüfen, ob er Schadensersatzforderungen gegen die Gemeinde wegen Überschwemmung seines Grundstücks infolge von Mängeln der öffentlichen Entwässerungsanlage hat – gegen anfängliche Ablehnung der Akteneinsicht durch die Stadtverwaltung (aus dem Tätigkeitsbericht. des Landesbeauftragten für Daten-schutz u. Akteneinsicht Brandenburg 2002). Befürchtungen, das Akteneinsichtsrecht würde missbräuchlich ausgeübt oder verursache einen erheblichen Verwaltungsmehraufwand, bestätigten sich in keinem Bundesland.

Antrag vom 20.9.2005

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