Die Sonne schickt keine Rechnung

-Energieexperte Hans-Josef-Fell bei den Grünen in Röthenbach-

RÖTHENBACH – „Der steigende Erdölpreis ist das größte Umverteilungsinstrument von Arm zu Reich.“ Der Bundestagsabgeordnete Hans-Josef Fell (Bündnis 90/Die Grünen) fand deutliche Worte bei seinem Fachvortrag in Röthenbach, zu dem ihn die örtlichen Grünen eingeladen hatten.

Stadtrat Thiemo Graf betonte in seiner Einführung, dass Fell nicht nur ein ausgezeichneter Kenner der Klimaproblematik sei, sondern insbesondere auch einen realistischen und finanzierbaren Ausweg aufzeige, um die weitere Erderwärmung auf 2 Grad zu begrenzen. Dies sehen Experten als die Schmerzgrenze an, die gerade noch zu verkraften ist. Als Vater des erfolgreichen Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) habe Hans-Josef Fell in der ersten rot-grünen Bundesregierung bereits einen wichtigen Anfang gemacht, so Thiemo Graf. Das EEG regelt die Einspeisevergütung für erneuerbare Energien und hat seit seiner Einführung einen Boom in der Branche ausgelöst.

Der Energieexperte Fell betonte in seinem anschaulichen Vortrag, dass der Ausbau der alternativen Energieversorgung letztlich der einzige Weg aus der Klimakatastrophe ist. Energieeinsparung sei zwar wichtig, könne aber im Endeffekt das Weltklima nicht retten. „Wir müssen gänzlich aufhören mit dem CO2-Ausstoß, denn selbst jede Reduzierung erhöht den CO2-Anteil in der Atmosphäre und schädigt das Klima weiter.“

Umstieg ist notwendig

Der Umstieg auf Energie aus Sonne, Wind, Wasser und Biomasse sei jedoch auch ganz praktisch eine Notwendigkeit. „Alle herkömmlichen Energieträger - ob Kohle, Öl, Gas oder Uran - können den steigenden Weltenergiebedarf schon bald nicht mehr decken“, erklärt der Abgeordnete. Jüngste Untersuchungen unabhängiger Wissenschaftler hätten ergeben, dass das Fördermaximum bei Öl und Gas längst überschritten ist und die Ausbeute seitdem dauerhaft zurückgeht. Diese Verknappung sei ursächlich für die Verdopplung des Erdölpreises allein in den vergangenen zwölf Monaten und die zweistelligen Milliardengewinne der großen Konzerne. Diesem Umverteilungsprozess von Arm zu Reich könne nur durch einen konsequenten und zielgerichteten Ausbau alternativer Energieträger begegnet werden. „Denn die Sonne schickt uns keine Rechnung“, sagt Hans-Josef Fell.

Entschieden trat er Behauptungen großer Ölkonzerne entgegen, die Förderung könne wieder erhöht und langfristig gesichert werden. „Der Geologe weiß: bohre ich ein neues Ölfeld an, dann wird es leer. Und die größten Ölvorkommen sind längst gefunden und angezapft“, sagt Fell. Auch die Frage eines Zuhörers, ob denn stattdessen Teersande in Kanada Abhilfe schaffen können, muss der grüne Energieexperte verneinen. Abgesehen von den gigantischen Umweltschäden durch den Tageabbau müsse sehr viel Wasser und Energie aufgewendet werden, um den Teersand aus dem Bitumen zu waschen und diesen anschließend chemisch aufzubereiten. „Das lohnt sich weder finanziell, noch energetisch und ökologisch.“

Nicht weniger verheerend sei der Einsatz von Kohle zur Stromerzeugung. Die Technik sei höchst ineffizient und auch hier werde der Mangel an ausreichend Rohstoffen in vier bis fünf Jahren dazu führen, dass das Fördermaximum erreicht wird. In Teilen der Welt gebe es bereits heute Engpässe. So habe Südafrika vor zwei Wochen den Notstand ausgerufen, weil Kohlekraftwerke wegen Brennstoffmangels abgeschaltet werden mussten und nun der Strom knapp wird.

Ähnlich stelle sich die Situation mit Uran dar. Bereits seit 1995 reiche die Ausbeute aus dem Uranbergbau nicht mehr aus, um den Bedarf für die Kernkraftwerke zu decken. Die entstandene Lücke werde derzeit nur mit russischem Waffenuran gedeckt; das Land habe aber bereits klar gemacht, dass diese Lieferungen 2013 beendet würden. Hinzu komme die stets präsente Gefahr eines atomaren Unfalls. Eingehend berichtete Hans-Josef Fell in diesem Zusammenhang von seinem Besuch in Pripjat, einer Stadt nahe des Unfallreaktors von Tschernobyl. „Diese Stadt ist ungefähr so weit weg wie Schweinfurt von Grafenrheinfeld. Seit 22 Jahren ist es eine Geisterstadt, so wie 900 andere Städte und Dörfer in der Ukraine.“ Bezeichnend sei für ihn besonders gewesen, dass die Verantwortlichen vor Ort noch immer überzeugt seien, ihre Atomkraftwerke seien die Sichersten der Welt. „Das gleiche habe ich aber auch in Deutschland, Schweden oder Japan schon gehört.“

Gut für die Wirtschaft

„Die Zukunft gehört den erneuerbaren Energien“, stellte der Grünen-Abgeordnete fest, „und je eher wir auf diese Alternativen setzen, desto mehr verschaffen wir unserer Volkswirtschaft Vorteile im internationalen Wettbewerb. Denn es ist nur eine Frage der Zeit, bis die endlichen fossilen Energieträger für weite Teile der Bevölkerung unbezahlbar sind. Bereits heute haben viele Menschen Probleme, ihre Strom- und Heizrechnung zu bezahlen. Die Energiefrage ist deshalb auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit.“

Hans-Josef Fell drückte abschließend seine Freude darüber aus, dass die Grünen in Röthenbach den Umwelt- und Klimaschutz in den Mittelpunkt ihrer Stadtratsarbeit gestellt haben und einige beachtliche Erfolge vorweisen können. Deutlich kritisierte er jedoch die Ablehnung einer geplanten Hackschnitzelheizung für das Schulzentrum durch den Stadtrat vor drei Jahren. Der Bundestagsabgeordnete war damals persönlich in der Pegnitzstadt, um das Projekt zu unterstützen. „Heute kostet diese Fehlentscheidung aufgrund der Gaspreisentwicklung allein den Landkreis jährlich bis zu 40.000 Euro. Den finanziellen Schaden der Stadt Röthenbach noch gar nicht mit eingerechnet“, ergänzt Achim Dobbert, Fraktionssprecher der grünen Kreistagsfraktion.

Pressemitteilung von Bündnis 90/Die Grünen Röthenbach vom 3. Februar 2008