Gemeinsam mit der Landtagsabgeordneten Verena Osgyan besuchte unsere Landratskandidatin Bianca Pircher die Fachberatungsstelle Wildwasser Nürnberg e. V. besuchen.
Wildwasser Nürnberg e.V. wurde vor 37 Jahren aus einer Selbsthilfegruppe gegründet. Was damals mit dem Mut weniger Frauen* begann, ist heute eine unverzichtbare Einrichtung für Mädchen* und Frauen*, die in ihrer Kindheit oder Jugend sexualisierte Gewalt erlebt haben. Sie finden hier einen Ort, an dem ihnen zugehört wird, an dem ihre Erfahrungen ernst genommen werden – und an dem sie traumasensible Unterstützung erhalten, um Schritt für Schritt neue Stärke zu gewinnen.
In den Gesprächen mit den Mitarbeiterinnen wurde schnell spürbar, mit wie viel Engagement und Professionalität hier gearbeitet wird. Die Sozialpädagoginnenberaten, begleiten, schulen und klären auf. Sie leisten täglich Arbeit, die für Betroffene lebensverändernd sein kann – und die unsere Gesellschaft nicht hoch genug schätzen kann.
Doch ebenso deutlich wurde: Die Rahmenbedingungen sind schwierig. Statt ihre ganze Energie auf die Unterstützung der Mädchen* und Frauen* richten zu können, müssen die Fachkräfte einen erheblichen Teil ihrer Zeit und Kraft auf die Sicherstellung der Finanzierung verwenden.
Wildwasser Nürnberg e.V. erhält derzeit nur etwa 75 % seiner Kosten durch öffentliche Förderung – den Rest müssen die Mitarbeiterinnen jedes Jahr selbst durch Spenden, Zuweisungen oder Eigenmittel aufbringen. Das bindet Ressourcen, die an anderer Stelle dringend gebraucht werden. Denn der tatsächliche Bedarf ist längst höher: Um die steigenden Herausforderungen – insbesondere im Bereich der Online-Gewalt – angemessen bewältigen zu können, wären zwei zusätzliche Vollzeitstellen notwendig.
Besorgniserregende Situation im Nürnberger Land
Besonders bedenklich ist auch die Situation Landkreis Nürnberger Land: 2024 erbrachte Wildwasser Nürnberg e.V. hierfür Beratungsleistungen im Wert von knapp 20.000 €. Der Zuschuss betrug jedoch 5.000 €. Die Differenz von fast 15.000 € musste die Beratungsstelle selbst ausgleichen. Im Jahr 2025 wurde der Zuschuss auf 10.000 € erhöht.
Dieser Zustand ist nicht nur untragbar – er ist gefährlich. Denn im gesamten Landkreis gibt es für Mädchen* und Frauen*, die sexualisierte Gewalt bis zu ihrem 18. Lebensjahr erlebt haben, kein anderes Angebot. Ohne Wildwasser Nürnberg e.V. wären sie schlicht auf sich allein gestellt.
Prävention: Kinder stark machen, Eltern sensibilisieren
Wildwasser Nürnberg e.V. leistet nicht nur wertvolle Hilfe für Betroffene, sondern investiert auch in Prävention. Besonders beeindruckt hat mich der Flyer „Hände weg von mir – Tipps für Kinder“, der sich an Kinder im Alter von 8 bis 12 Jahren richtet. In einfacher Sprache werden wichtige Botschaften vermittelt, die Kinder stark machen und ihnen helfen, Grenzen zu ziehen.
Ein Beispiel: „Du darfst NEIN sagen! Zum Beispiel: Wenn dich eine Person komisch berührt, dir unangenehme Sachen erzählt oder etwas von dir verlangt, was du nicht willst.“
Solche Botschaften sind weit mehr als reine Aufklärung. Sie geben Kindern Mut, sie stärken ihr Selbstbewusstsein und sie bieten Schutz. Prävention bedeutet, Kinder zu ermächtigen, Eltern zu sensibilisieren und Fachkräfte – insbesondere in Schulen – zu schulen. Die Nachfrage aus Schulen im gesamten Einzugsgebiet ist enorm, ebenso das Interesse von Eltern und Lehrkräften. Doch dieser Bedarf kann von Wildwasser Nürnberg e.V. derzeit nicht gedeckt werden: Zu viele akute Fälle müssen vorrangig betreut werden, und es stehen schlicht zu wenige Fachkräfte zur Verfügung, um die so wichtige Präventionsarbeit in dem Umfang zu leisten, der eigentlich notwendig wäre.
Politische Entwicklungen mit Unsicherheit
Ein weiteres Thema, das im Gespräch eine große Rolle spielte, war die Zukunft des Fonds Sexueller Missbrauch der Bundesregierung. Dieser Fonds bot vielen Betroffenen bislang einen vergleichsweise einfachen Weg, Unterstützung für Therapien oder Hilfsmittel zu erhalten. Doch seit März dieses Jahres werden keine neuen Anträge mehr bearbeitet, und es sieht so aus, als würde der Fonds ersatzlos gestrichen.
Für viele Betroffene bedeutet das: Sie können nicht einmal auf die deutlich bürokratisch aufwändigeren Verfahren wie das Opferentschädigungsgesetz (OEG/SER) zurückgreifen. Denn dies setzt im Gegensatz zum Fonds in der Regel voraus, Strafanzeige erstattet zu haben mit dem Ergebnis einer Verurteilung der Tatperson.
Hinzu kommt, dass mit dem geplanten Gewalthilfegesetz Einrichtungen wie Wildwasser Nürnberg e.V. möglicherweise durchs Raster fallen. Ausgerechnet die Mädchen* und Frauen*, die auf Unterstützung angewiesen sind, laufen Gefahr, künftig noch stärker ins Leere zu geraten.
Dank und Anerkennung
Biancas Besuch bei Wildwasser Nürnberg e.V. hat ihr eindringlich vor Augen geführt, wie bedeutend diese Arbeit ist – und wie dringend sie gestützt werden muss.
Als Landratskandidatin ist für sie klar: Wir müssen die Finanzierung von Wildwasser Nürnberg e.V. im Landkreis Nürnberger Land deutlich erhöhen.
Nur so kann Prävention stärker gewichtet werden – und nur so erreichen wir, dass Kinder in unseren Schulen gestärkt, aufgeklärt und besser geschützt werden.
Die Mitarbeiterinnen kämpfen seit Jahrzehnten unermüdlich dafür, dass Betroffene nicht alleine bleiben. Sie hören zu, geben Halt, klären auf, stärken Kinder, schulen Eltern und Fachkräfte. Sie tun dies Tag für Tag, trotz unsicherer Finanzierung und hoher Belastung.
Dafür gilt ihnen unser tiefster Dank und größten Respekt.